Presseaussendung der Arbeitsgruppe Migrantinnen und Gewalt

Die Arbeitsgruppe "Migrantinnen und Gewalt" fordert Ausbau der Rechte für Migrantinnen

Wien

OTS0069 12. März 2013, 10:20

Seit gestern findet im Haus der Europäischen Union das Symposium "Migration von Frauen und strukturelle Gewalt" statt. Die Arbeitsgruppe "Migrantinnen und Gewalt (1) " hatte bereits im Jahr 2002 das erste Symposium organisiert.
An zwei Tagen geben in- und ausländische Expertinnen aus der Wissenschaft und aus der Praxis Einblicke in ihre Arbeit und Auskunft über die derzeitige Realität von Migrantinnen in Österreich und in Europa.

"In den vergangenen Jahren wurden einige wichtige Verbesserungen im Gewaltschutzbereich vorgenommen, die auch für Migrantinnen besonders wichtig sind", so Maria Rösslhumer, Koordinatorin der Arbeitsgruppe "Migrantinnen und Gewalt" und Geschäftsführerin des Vereins AÖF.

Die Gewaltschutzgesetze wurden laufend reformiert und ein neuer Straftatbestand der fortgesetzten Gewaltausübung wurde eingeführt. Opfer haben das Recht auf kostenlose psychosoziale und juristische Prozessbegleitung. (2)

Auch das Anti-Stalking-Gesetz ist in Kraft getreten.

Ab Juni 2013 wird es auch die lange geforderte spezifische Notunterkunft für von Zwangsverheiratung bedrohten oder betroffenen Mädchen und Frauen geben. Auch mit der letzten Novelle im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) hat der Gesetzgeber für gewaltbetroffene Frauen spezielle Regelungen geschaffen.

Die wichtigsten Änderungen sind ein eigenständiges Niederlassungsrecht bei Erfüllung der materiellen Vorrausetzungen sowie ein Arbeitsmarktzugang ohne Wartezeit. In der Praxis greifen diese Fremdenrechtsbestimmungen jedoch zu kurz und treffen nur auf einen Bruchteil der Frauen, die familiäre Gewalt erleben, zu. Die strikten Bestimmungen im NAG, fehlende Bildungs- und Erwerbschancen, sowie ökonomische Ungleichheit sind zentrale Hindernisse für Migrantinnen und Asylwerberinnen, sich aus Gewaltbeziehungen zu lösen.

"Um Migrantinnen ein Leben frei von Gewalt zu ermöglichen, braucht es nicht nur Gesetze zum Schutz von Gewalt, sondern auch Gesetze zur Sicherung des Lebensunterhaltes, der Wohnung und zur Erhaltung des Arbeitsplatzes sowie einen sofortigen unbürokratischen Zugang für alle Migrantinnen und Asylwerberinnen zu Opferschutzeinrichtungen" so Kristina Milosits von der Frauenberatung des Vereins Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen in Wien.

Die Arbeitsgruppe "Migrantinnen und Gewalt fordert daher:

  • Das Recht aller Frauen auf einen eigenständigen Aufenthalt ohne Verknüpfung an Bedingungen.
  • Die Abschaffung der materiellen Erteilungsvoraussetzungen nach dem NAG: Das Niederlassungsrecht von Frauen, die von familiärer Gewalt betroffen sind, soll unabhängig vom Nachweis des Mindesteinkommens gesetzlich verankert werden.
  • Die Ausweitung des § 27 NAG auf eine größere Gruppe von Frauen:
  • Die Betroffenheit von familiärer Gewalt soll auch durch Sozialberichte von Jugendamt, Beratungseinrichtungen, Frauenhaus, Mutter-Kind-Einrichtungen etc. anerkannt werden. Und § 27 NAG soll auf Fälle beharrlicher Verfolgung (Stalking) (§ 382g EO) ausgeweitet werden und die Anordnung einer polizeilichen Wegweisung bzw. eines polizeilichen Betretungsverbots bei Gewalt in der Familie nach § 38a SPG soll hinzugefügt werden.(3)
  • Die Erteilung von Verwaltungsstrafen bei Übertretung von Einstweiligen Verfügungen - wie bereits von politischer Ebene angekündigt.
  • Die Verhängung von Untersuchungshaft über Täter bei besonders hochgefährdeten Opfern.
  • Insbesondere für Asylwerberinnen das Recht auf freien und sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt sowie das Recht auf alle Leistungen der sozialen Sicherheit für subsidiär Schutzberechtigte.
  • Den flächendeckenden Ausbau bzw. Angebote von kostenlosen Deutschkursen bis zur Stufe B1 für alle Migrantinnen.
  • Die sofortige und unbürokratische Aufnahme von gewaltbetroffenen Asylwerberinnen und Migrantinnen ohne Dokumente in alle Frauenhäuser.

Zum gesamten Forderungskatalog (siehe auch Website des Vereins AÖF)

(1) Veranstaltet von der Arbeitsgruppe Migrantinnen und Gewalt bestehend aus: Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser, AÖF, Afrikanische Frauenorganisation, Interface Wien GmbH, LEFÖ Beratung, Bildung und Begleitung für Migrantinnen, Beratungszentrum für Migranten und Migrantinnen, Verein Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie, Verein Orient Express, Verein Miteinander Lernen, Verein menschen.leben, Verein Wiener Frauenhäuser.

(2) Quelle: Zweites Gewaltschutzgesetz - 2. GeSchG, http://www.ots.at/redirect/interventionsstelle-wien

(3) Reformvorschläge der Gewaltschutzzentren Österreich. Juristisches Fachforum der Gewaltschutzzentren Österreich und der Wiener Interventionsstelle sowie der Interventionsstelle für Betroffene des Frauenhandels

OTS0069 2013-03-12 10:20 121020 MÄR 13 AFH0001 0664
Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser
Mag.a Maria Rösslhumer, Geschäftsführerin des Vereins AÖF und Koordinatorin der Veranstaltung
E-Mail: maria.roesslhumer@aoef.at